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Wissenswertes rund um die Zucker


Zuckerrübe, Institut für Zuckerindustrie und Zucker-Museum


Die Zuckerrübe – Eine Berliner Erfolgsgeschichte

Preußen hatte keine Kolonien und musste die teuren Kolonialwaren, wie Zucker und Kakao, teuer bei den Kolonialmächten einkaufen. Da Adel und Bürger nur ungern auf diesen Luxus verzichten wollten wurde nach Alternativen gesucht. So baute man in Brandenburg Tabak an und in der Preußischen Akademie der Wissenschaften wurde nach Ersatzstoffen (Surrogaten) für die Kolonialwaren gesucht. Andreas Sigismund Marggraf entdeckte bei diesen Forschungen (1747), dass in der heimischen Runkelrübe (eine Futterpflanze für Vieh) Haushaltszucker enthalten war. Allerdings nur sehr wenig (ca. 1 bis 3%). Sein Schüler und Nachfolger Franz Carl Achard züchtete dann auf einem Bauerngut, in Berlin-Caulsdorf, die ersten Zuckerrüben und gewann unter Laborbedingungen (1798) den ersten Haushaltszucker aus der Zuckerrübe. 1799 richtete er ein Gesuch direkt an den preußischen König mit der Bitte eine Rübenzuckerfabrik aufzubauen. Drei Tage später kam die Antwort: Geld bekam er nicht aber eine Genehmigung. In Cunern, im damaligen Schlesien, dem heutigen Polen, entstand die erste Rübenzuckerfabrik der Welt. 1801 nahm sie ihre Arbeit auf. Bedingt durch die Kontinentalsperre (1806) verbreitete sich der Zuckerrübenanbau schnell auch in Frankreich und anderen europäischen Staaten. 1813 fand die Kontinentalsperre ein Ende. Damit gelangte plötzlich wieder sehr viel Zucker aus dem Zuckerrohr nach Europa. Der gnadenlose Konkurrenzkampf zwischen Rohr und Rübe sorgte fast für die Abschaffung der Zuckerrübe. 1850 setzte dann die sog. 2. Gründungswelle in Deutschland ein. Denn Sklavenarbeit wurde immer teurer und mehr und mehr abgeschafft und damit stieg auch der Zucker aus dem Zuckerrohr im Preis. In schneller Folge entstanden auf dem Gebiet des deutschen Reiches neue  bis etwa 1900, mehr als 100 Rübenzuckerfabriken. Meistens finanziert durch Aktien, die von den Bauern erworben wurden. Noch heute haben diese Aktien ihren Wert nicht verloren. Viele Rübenbauern haben auch jetzt noch Aktien an den großen Zuckerkonzernen und bestimmen über die Zuckerrübenanbauerverbände in den Konzernen mit. Die Zuckerrübe sorgte nicht dafür, dass nicht nur Deutschland vom Zuckerrohr unabhängig wurde, sondern leistete so auch seinen Beitrag zur Abschaffung der Sklaverei.

 

Mobiles arbeiten - Die Sachsengänger

Rübengabel

Die Menschheitsgeschichte beginnt mit dem mobilen Arbeiten. Über jJahrtausende waren die Menschen Nomaden. Erst ca. 8000 v. Chr. wurden einige von Ihnen Seßhaft. Auch heute noch verdienen sich viele Menschen ihren Lebensunterhalt im mobilen Arbeiten. Wir nennen diese Leute Wanderarbeiter. Über viele Jahrzehnte waren Wanderarbeiter unerläßlich für die Ernte der Zuckerrübe.
Hunderttausende kamen regelmäßig während der Erntesaison aus Osteuropa nach Deutschland um im Akkord Zuckerrüben zu ernten. Eine harte und nicht ungefährliche Arbeit. In Deutschland schlechte bezahlt, aber für osteuropäische Verhältnisse verdiente man bei dieser Arbeit
ein Vermögen. In Deutschland bekam man das 3 bis 4-fache an Lohn für dieselbe Tätigkeit als in Polen oder Russland.
Die Wanderarbeiter in Zuckerindustrie wurden als „Sachsengänger“ bezeichnet. Johannes Hesekiel (1835 bis 1918), ein evangelischer
Theologe, beschreibt die Lebenssituation dieser Menschen in seinen Sozialberichten. Auch heute noch gibt es in Deutschland viele
Arbeitskräfte als Wanderarbeiter. In 2020 waren das allein in der Landwirtschaft mehr als 270.000. 



Das Institut für Zuckerindustrie

1850 organisierten sich die Zuckerfabriken als Verein der Zuckerindustrie, der bis heute noch besteht. Er war einer der ersten Wirtschaftsverbände Deutschlands. 1867 eröffnete der Verein das Zentrallaboratorium für Zuckerindustrie in Berlin. Es war damit das erste lebensmittelchemische Institut der Welt. Schon früh hatte man erkannt, dass man nicht nur bessere Zuckerrüben brauchte sondern auch verbesserte und standarisierte Analyseverfahren. 1897 wurde mit dem Aufbau der ICUMSA (Internationale Kommission für Einheitliche Methoden der Zuckeruntersuchung) begonnen, die es ebenfalls bis heute noch gibt. 1901 konnten sich Frauen im Zentrallaboratorium zu Zuckerchemikerinnen ausbilden lassen. Für damalige Verhältnisse eine kleine Revolution. Mit Kooperation der Kaiser-Wilhelm-Universität wurde 1904 das Institut für Zuckerindustrie in Berlin-Wedding eröffnet. Als Nachfolger des Zentrallaboratoriums erlangte es schnell Weltruf und wurde zum Wegbereiter für standardisierte Analyseverfahren in der ganzen Welt. Aber nicht nur Forschung und Lehre standen auf dem Programm, sondern auch Sammeln und Bewahren. Im Dachgeschoß des Gebäudes wurde gleich ein Museum mit eingeplant – das Zucker-Museum. Weit über 100 Jahre bis zum 15. Dezember 2012 residierte es dort und vermittelte Besuchern aus aller Welt Wissenswertes über den Zucker. Am Zuckerinstitut studierten z.B.: Constantin Fahlberg (1870), der das Sacharin entdeckte und Silvia Schmidt-Berg (1949), die Entdeckerin des Isomaltose (Palatinose).

Das Zucker-Museum

Edmund Oskar von Lippmann, Chemiker und Historiker, begründete das Zucker-Museum. Mit dem Neubau des Zuckerinstitutes, in Berlin-Wedding, wurde auch auf seine Anregung hin, gleich das Zucker-Museum mit eingeplant. Zusammen mit dem Zuckerinstitut öffnete es am 8. Mai 1904 seine Pforten. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges kam das Institut zur Technischen Universität, Berlin, dort führte das Zucker-Museum lange ein Schattendasein. Obwohl existent, war es kaum für die Öffentlichkeit wahrnehmbar. Hubert Olbrich, Professor für Melasse- und Bagassetechnologie und auf den historischen Spuren von Edmund Oskar von Lippmann wandelnd, gelang es das Zucker-Museum aus der TU-Berlin herauszulösen und es zum Landesmuseum zu machen. 1989 eröffnete es wieder seine Pforte. 1995 wurde das Zucker-Museum gemeinsam mit dem Deutschen Technikmuseum zur Stiftung öffentlichen Rechts. Aufgrund politischer und finanzieller Entscheidungen musste das Zucker-Museum im Dezember 2012 seinen angestammten Standort verlassen. Im November 2015 wurde es dann mit einer neuen Daueraustellung im Deutschen Technikmuseum, Berlin wiedereröffnet. 

Warum Wedding?

Um 1900 lag der Bezirk Wedding „jottwedee“- Ganz weit draußen. Von Berlin-Mitte bis an die Amrumer Straße war es eine mehrstündige Reise.  Aber dort draußen war man unter „Gleichgesinnten“. Das Institut für Landwirtschaft, Das Robert-Koch-Institut, Das Institut für Gärungsgewerbe und die Beuth Hochschule. Hier konnten sie sich auf kürzestem Weg austauschen. Die heutigen Mittel der Kommunikation gab es noch nicht. So entstand ein Wissenschaftspark für Kohlenhydratforschung

Wedding 1900 - 1945


Einer der größten Probleme der damaligen Zeit war immer noch die Ernährung. Zwar kam es nicht mehr zu Hungersnöten, aber Fehl- und Mangelernährung war immer noch die Regel.  Die Eisenbahn hatte den Transport von Lebensmitteln erheblich verkürzt und verbilligt. Jetzt brauchte man nur noch genügend Lebensmittel. Hier war die Forschung gefragt und nahm die Herausforderung an. An der äußersten Ecke des damaligen Berlins entstand einer der weltweit führenden Forschungsstandorte für Lebensmittel.